Realschule Oberwesel setzte ein Zeichen für mehr Miteinander
Dass Streit und Konflikte zum Leben dazugehören, das wissen nicht nur die Erwachsenen. Gerade in einer Schule gilt es immer wieder, die kleineren und größeren Herausforderungen eines gemeinsamen Alltags zu lösen und am Ende wieder nebeneinander auf der Schulbank zu sitzen. Angesichts der vielen aktuellen Krisen in der Welt scheint aber gerade das, was jeder im Kleinen lösen muss, auf der großen Ebene nicht zu gelingen. Das wirft viele Fragen auf, auch bei den Kindern und Jugendlichen. Diese Fragen standen vor einigen Tagen im Mittelpunkt einer Friedensaktion der Heuss-Adenauer Mittelrhein-Realschule Oberwesel.
Schüler aus über 30 Nationen lernen aktuell an der Schule, sie bringen unterschiedliche Kulturen, Religionen und Prägungen mit. Und sie müssen einen Weg finden, friedlich miteinander umzugehen. Der nach wie vor blutig tobende Konflikt im Gaza-Streifen war der Anlass, in jeder Klasse die Hintergründe des Streits zu beleuchten und auch gemeinsam über Lösungen zu sprechen. Dabei wurde schnell klar, dass bei allen berechtigen Forderungen auf beiden Seiten eskalierende Gewalt, gegenseitiger Terror und das vermeintliche Recht des Stärkeren nicht zu dauerhaften Lösungen führen können.
Mit ihren Klassenleitern erarbeiteten die Schüler Hintergründe zu den Konflikten im Nahen Osten, aber auch in der Ukraine und an anderen Orten der Welt und stellten Forderungen und Vorschläge für ein friedliches Zusammenleben auf. Auf den gezeichneten Plakaten wurde deutlich, dass die Lösungen nicht von außen kommen können, sondern von den Menschen selbst gelebt und verinnerlicht werden müssen: Wir müssen aktiv Ja zum Frieden sagen und aufeinander zugehen.
Symbolisch für diese Erkenntnis stand die gemeinsame Errichtung einer Friedensbrücke auf dem Schulhof. Knapp 400 Schüler waren dabei, als die Brücke aus einzelnen Holzbalken zusammengefügt wurde. Jede Klasse hatte dazu einen Balken farbig gestaltet und mit einem Begriff versehen, der diese Brücke des Friedens und Miteinanders tragfähig machen sollte: Mut – Toleranz – Menschenrechte – kein Rassismus – Offenheit – gemeinsamer Austausch – Liebe … Die Balken fügten sich nach einem ausgeklügelten Plan zusammen und – das war für viele Anwesende überraschend – die sogenannte Leonardo-Brücke hielt, gänzlich ohne Schrauben oder Nägel. Nachdem sich der erste mutige Lehrer von der Tragfähigkeit der Konstruktion überzeugt hatte, ließen es sich die Schüler nicht nehmen, fast allesamt über ihre Friedensbrücke zu gehen.
„Frieden beginnt im Kleinen“, erläuterte Schulleiterin Claudia Weber, „und es erfüllt mich mit Stolz, dass unsere Schüler heute wieder gezeigt haben, dass sie als starke Gemeinschaft agieren können.“ Als UNESCO-Projektschule ist die Mittelrhein-Realschule in besonderer Weise dem Gedanken einer weltumspannenden Zusammenarbeit verpflichtet. „Baut Brücken, dort wo die Erwachsenen sie oft nicht sehen. Baut Brücken, um Hindernisse zu überwinden und die Welt zum Besseren zu verändern. Baut Brücken, denn ihr seid die Brückenbauer von morgen!“, rief Holger Weißmann als UNESCO-Koordinator der Schule seinen Schülern zu.
Die bunte Friedensbrücke bleibt nun als sichtbares Zeichen im Schulgebäude zurück. Unsichtbar, aber vielleicht noch wertvoller, bleibt der Eindruck vom Gang über die tragfähige Brücke in vielen Herzen der Jugendlichen.